Auszug aus der Geschichte „Das Land der Liebe finden“
…… Er erhebt sich, geht ums Bett und hebt den Rucksack mit einer Hand an, um ihn dann wieder fallen zu lassen. „Also du meinst ja immer, du hättest schwer am Leben zu tragen, jetzt glaube ich dir das“, sagt er mit ernster Miene und setzt sich wieder, dieses Mal gleich neben den Rucksack. Tim sortiert im Schrank etwas hin und her, als hätte seine Suche nach dem Land der Liebe im Schlafstubenschrank bereits seinen Anfang genommen.
„Wieso?“, fragt Tim, ohne sich dabei umzudrehen und Lars antwortet, „Na hör mal. Was hast du denn alles eingepackt? Also mir wäre das viel zu viel Gedöns. Du brauchst doch nur Unterwäsche und einen Pulli, vielleicht noch eine Hose. Heute kann man doch überall waschen oder waschen lassen.“ Tim ist immer noch mit dem Inhalt des Schrankes beschäftigt und antwortet „Ja. Kannst du ja machen. Du weißt doch, wie es geht.“ Lars stutzt. „Hä? Was weiß ich? Wie was geht? Drehst du dich auch mal wieder um?“ Tim atmet laut aus. „Was ist denn?“, fragt er genervt. „Ich meine ja nur, mir wäre das hier zu viel“, sagt Lars mit einem unterschwelligen Ton und meint, Tim weiß immer noch keineswegs, um was es Lars geht und Lars ergänzt „Hier dein Rucksack, Mensch.“ Tim will gerade einen Schritt zum Bett zu gehen, stockt, guckt Lars unverständlich an und fragt „Was willst du denn von mir? Am besten, du gehst jetzt. Ich habe noch zu tun, auch mit mir selbst. Also, jetzt, bitte.“ Dabei schaut Tim mit etwas aufgerissenen Augen zur Tür. „Wie freundlich du mich rausschmeißt. Das hatten wir ja auch noch nie, aber ich gehe.“ Bei diesen Worten erhebt sich Lars vom Bett und geht zur Wohnungstür. Als er bereits im Flur seine Schritte tut, sucht Tim weiter im Schrank und Lars verabschiedet sich beim Gehen zur Tür „Gute Reise. Lass mal bei Gelegenheit etwas von dir hören.“ Dann fällt die Tür ins Schloss und Tim ist allein in seiner Wohnung.
Was er auch immer im Schrank gesucht, es hat wohl woanders seinen Platz. Er lässt Luft ab und blickt auf den gepackten Rucksack, in den kein paar Strümpfe mehr passt. Und wie er so sitzt und guckt, denkt er sich „Mit dem Kram, will ich in die Welt? Ich brauche doch nur mich und meinen Verstand.“ Er macht den Rucksack auf und holt erst die oberen Sachen heraus, sodass man annehmen könnte, er schaut nach, ob er das, was er im Schrank suchte, vielleicht doch bereits im Rucksack hätte, doch nach und nach landet alles wieder auf dem Bett. Den leeren Rucksack stellt er wieder in den Schrank. Ob er diesen suchte, obwohl er schon gepackt war? Die ausgepackten Sachen lässt Tim auf seinem Bett liegen. Er nimmt seine Plastikkarte und etwas Kleingeld aus seinem Portemonnaie und steckt es sich in die Hosentasche seiner Jeans, nimmt seinen Schlüssel, geht zur Tür hinaus, schließt danach ab, läuft die Treppen im Haus hinunter zur Haustür und setzt seine Füße auf die Straße. Auf dem Bürgersteig bleibt er jedoch kurz vorm Haus stehen.
„Mist, hätte ich mir auch einfacher vorgestellt“, brummt er und sieht den Menschen zu, die auf der Straße ihrer Wege gehen.“ Mein Gott, dieses Gehetze! „Was tun wir Menschen uns nur selbst an?“, mit diesen Gedanken fasst er in seine Hosentasche, um zu fühlen, ob er das Geld noch einstecken hat. Dabei denkt er an Lars, der ihm von seinem Friseurbesuch erzählte. „Mutig. Mutig, ist ihr Freund.“erzählte Lars ihm, das hat die Friseuse gesagt, als Lars ihr von Tims Vorhaben erzählte. Und Tim befiel vor ein paar Tagen noch, so eine Art, kleinerer Größenwahn, von dem jetzt gerade, jede Spur fehlt. Noch immer steht Tim wie angewurzelt auf dem Bürgersteig und fragt sich, wenn es jetzt beginnen würde in Strömen zu gießen, ob er losgehen würde, oder doch eher zurück in seine Wohnung. Er hat darauf keine Antwort, kommt sich gerade ziemlich dämlich vor und entscheidet sich deshalb, vorwärtszugehen. Er schaut kurz nach links zur Kreuzung, die unweit des Wohnhauses ist, in dem er seine Wohnung hat und dann nach rechts, die Straße einfach entlang. Und weil er keine Ahnung hat, was mit ihm gerade los ist, und was er wohl wirklich will, geht er zur Kreuzung vor, mit dem Gedanken, „Dort kann ich mich ja dann noch einmal entscheiden, in welche vier Richtungen ich meinen Weg fortsetzen werde.“
Für die Zeit von fünfzig Schritten, das ist der Weg bis zur Kreuzung, fühlt es sich für Tim erst einmal gut an. An der Fußgängerampel geht er geradeaus weiter, so als weiß er nun, wohin er müsste. Auf dem klein gepflasterten Bürgersteig kommt ihm unter anderem ein älterer Herr entgegen. „Entschuldigung.“ beginnt Tim zu sprechen, doch dieser geht an Tim vorbei. „Nun bleiben sie doch bitte einmal kurz stehen!“, ruft Tim ihm nach und ist enttäuscht, doch er möchte seinen Kopf keinesfalls hängen lassen. Dennoch stellt Tim fest, der Anfang seiner Reise hätte besser sein können. …..
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